Idiolektik in der Bildung

Der individuelle Bildungsweg wird durch die Idiolektik angemessen und respektvoll ins Zentrum gestellt und begleitet.

 

Eingehen auf die Eigensprache ermöglicht eine maßgeschneiderte Lernbegleitung im Spannungsfeld zwischen Bildungsauftrag und persönlicher Entwicklung. Idiolektik kommt in vielfältigen Bildungsangeboten zur Anwendung. Sowohl die Kleinkindpädagogik, als auch der komplexe schulische Rahmen mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Auch Lehrpersonen und Eltern profitieren von der eigensprachlichen Kommunikation.

Besonders hilfreich bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind kurze Gespräche von nur wenigen Minuten, die Verständnis und Bindungbereitschaft signalisieren und so Schwierigkeiten oder Konflikte individuell und nachhaltig lösen können. Spielerische Elemente und kreative Medien lassen sich in idiolektische Gespräche anregend einbeziehen.

Im universitären Kontext für Studierende und Lehrende und in der Erwachsenenbildung ermöglicht die Idiolektik eine anregende Lehr-/ Lernbegegnung auf Augenhöhe, die den Anforderungen des Anschlusslernens entspricht und gemeinsame Entwicklungsprozesse unterstützt.

 

Was unter dem Begriff der idiolektischen Gesprächsführung – dem bewussten Aufgreifen der Eigensprache von Kindern – vorgestellt wird, ist mehr als eine neue pädagogische Methode. Es geht um die grundsätzliche Entscheidung, Kinder in ihrer Selbstbestimmtheit und ihren Lebensäußerungen uneingeschränkt anerkennen und sich ihrer jeweiligen Eigenheit und Einzigartigkeit verstehend annähern zu wollen. Ein Gewinn für die Frühpädagogik!.

Susanne Viernickel, Prof. Dr. phil., Dipl. Päd., Alice Salomons Hochschule Berlin

Idiolektik mit Studierenden

 

 

Gesprächsbeispiel aus meiner pädagogischen Beratung

Eine Studentin kommt zu mir, weil sie sich nicht für ein Thema zu ihrer Diplomarbeit entscheiden kann.

Fr. B: Ich muss demnächst das Thema abgeben.
I.: Welches Thema möchten Sie denn bearbeiten?
Fr. B: Das ist ja gerade das Problem, dass ich das nicht weiß.
(Wir reden eine Weile und drehen uns im Kreis)
I.: Ich mache Ihnen das Angebot eines idiolektischen Gespräches. (Sie kennt
die Idiolektik aus meiner Lehrveranstaltung)
I.: Erzählen Sie mir.
Fr. B: Ja, was soll ich sagen?
I.: Was Ihnen so im Kopf herum geht.
Fr. B: Das Semester ist zu Ende, dann lasse ich die Diplomarbeit liegen
und plane mit meinem Freund schöne Ferien.
I.: Was planen Sie denn?
Fr. B: Wir fahren nach…. (Sie erzählt von dem Land).
Plötzlich hält sie inne, lacht und sagt: Wie leicht einem doch das Thema zufällt.

An diesem Beispiel ist zu sehen, dass ein  rein rational geführtes Gespräch stocken kann. Die Idiolektik wirkt auf einer intuitiven Ebene, auf der die sogenannte „inneren Weisheit“ zum tragen kommen kann. Plötzlich können Erkenntnisse sichtbar werden.

Um den Wert der Idiolektik zu erkennen, bedarf es einer gewissen Theorie, jedoch erst im direkten Gespräch zeigt sich, wie miteinander Lehren, Lernen und Verstehen lebendig wird.

 

Olbrich, Christa, Prof. em., Dipl. Päd.