Was ist Idiolektik?

Idiolektik ist der methodische Umgang mit Eigensprache.

Eigensprache ist die ganz individuelle Art sich mitzuteilen. Sie drückt die Einzigartigkeit eines Menschen ebenso aus wie das Hautrelief der Fingerkuppen oder der genetische Code. Auch die Art und Weise wie ein Mensch sich bewegt ist einzigartig. Das nennt man Idiomotorik.
Die Eigensprache umfasst alle verbalen (sprachgebundenen), non-verbalen (gestischen/mimischen) und para-verbalen (sprachmelodischen) Merkmale einer Mitteilung.

In Gesprächen, die sich an der Eigensprache orientieren, kommt daher die Unverwechselbarkeit einer Person zum Ausdruck. Das tiefgreifende Wissen dieser Person über sich selbst wird gewürdigt. Würdigung und Anerkennung sind unverzichtbare Voraussetzungen für Veränderungen.

Idiolektik ist die Gesprächsmethode, die in konsequenter und kompromissloser Weise an der subjektiven Lebenswelt eines Menschen Anschluss nimmt.

Noch offene Fragen?

FAQ –
Häufige Fragen & Antworten:

Woher kommt Idiolektik?

BegründerInnen des idiolektischen Konzepts sind der amerikanische Arzt, Psychiater und Psychotherapeut David Jonas und seine Frau, die Anthropologin Doris Jonas. Kern und unterscheidendes Merkmal der Idiolektik ist nach David Jonas „die Kunst eines bestimmten, bewussten, präzisen, professionellen und achtsamen Umgangs mit der Eigensprache einer Person.“

Nach dem Tod von David Jonas im Jahr 1985 wurde das Konzept der Idiolektik von seinen Schülern und Schülerinnen weiter umgesetzt und entwickelt und das Fundament von Theorie und Praxis ausgebaut.

Wer ist die Gesellschaft für Idiolektik (GIG) ?

Die Gesellschaft für Idiolektik und Gesprächsführung (GIG) ist ein gemeinnütziger Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das von Jonas & Jonas in den 1970er Jahren entwickelte Konzept der Idiolektik  zu verbreiten, weiter zu entwickeln und in Theorie und Praxis auszubauen. Die Gesellschaft basiert auf einem ehrenamtlich tätigen Team, das u. a. die Strukturen für die Aus- und Weiterbildung entwickelt und pflegt und für die selbständig Tätigen DozentInnen eine Plattform bietet.

Woher stammt der Name Idiolektik?

Der Begriff leitet sich ab aus dem Griechischen. Er setzt sich zusammen aus zwei Wortbestandteilen: zum einen aus „idios“, was soviel bedeutet wie „eigen“, „eigentümlich“, „keinem anderen gehörig“ und zum anderen aus „legein“ mit der Bedeutung „sprechen“, „reden“, „sagen“ und „erzählen“. Neben der Muttersprache, dem Dialekt und der beruflichen Fachsprache (Soziolekt) verfügt jeder Mensch über den sogenannten Idiolekt. Diese ganz individuelle Sprache ist vergleichbar mit dem unverwechselbaren Hautrelief der Fingerkuppen. Dieser sprachliche Fingerabdruck ist nicht nur durch Genetik bestimmt, sondern entwickelt sich aus dem bisherigen und fortlaufenden Erleben und Erfahren. Damit ist jeder Idiolekt einzigartig – in seiner Eigensprache kommt der Mensch umfassend in seiner Ganzheit zum Ausdruck.

Was ist das Ziel von Idiolektik?

Dies ist die am häufigsten gestellte Frage in Seminaren und Fortbildungen zur Idiolektik. Es gibt verschiedene Antworten darauf, weil es auch auf den Kontext ankommt, in dem Idiolektik angewendet wird.

Der häufigste Anwendungskontext für Idiolektik sind Beratungsgespräche oder therapeutische Gespräche. Da stellt sich die Frage: Wie kann das Berücksichtigen der Eigensprache in einem Beratungs- oder therapeutischen Prozess wirksam werden?

Einerseits ermöglicht die Orientierung an der Eigensprache eine Ausrichtung an der subjektiven Lebenswelt einer Person, so dass diese dadurch sehr rasch zu den relevanten eigenen Fragen und Perspektiven findet. Darüber hinaus ermöglicht die Methode den Aufbau einer kooperativen Beziehung. Es wird nicht mit oder über Widerstände gearbeitet. Vielmehr erlaubt der Prozess eines idiolektischen Gesprächs der Klientin/dem Klienten, sich in seiner subjektiven Lebenswelt so zu verorten, dass Verstehbarkeit,  Sinnhaftigkeit und Selbstwirksamkeit zunehmen. In dieser Hinsicht ist ein idiolektische Gespräch einerseits dadurch wirksam, dass Kohärenz im Sinne der Salutogenese (Antonovsky) zunimmt. In der Idiolektik wird auch davon gesprochen, dass die Zustimmungsfähigkeit mit sich selber zunimmt, was therapeutisch ungeheuer wirksam ist.

Aus einer anderen Perspektive kann man diesen Prozess auch als einen philosophischen Prozess begreifen: im Rahmen eines idiolektischen Gesprächs kommt es für die Klientin/denn Klienten zu einem Sichbesinnen auf ein Sichfinden in ihrer/seiner Umgebung. Diese Defintion von Philosophieren geht auf den Kieler Philosophen Hermann Schmitz zurück.

Was ist das Innovative an der Idiolektik?

Idiolektik ist als Gesprächsführung bereits seit mehr als 30 Jahren im Einsatz und in Entwicklung. Innovativ ist die konsequente Ausrichtung an der Eigensprache, über eine ursprünglich therapeutische Anwendung hinaus, in vielfältigen Anwendungsfeldern. Innovative Momente in der Begegnung und innovative Impulse für die Entwicklung als Person oder im Team werden durch Haltung und Methode der Idiolektik unterstützt. Dabei verstehen wir innovativ im Sinne von neuartig, unerwartet, überraschend sowie wirksam anwendbar in einem alltäglichen oder beruflichen Kontext.

Was sagen Teilnehmer*innen von Seminaren?

Das Seminar war sehr bereichernd. – Die Seminarleitung führte sehr strukturiert, dem Zeitplan entsprechend, durch das Seminar und blieb trotzdem offen für Fragestellungen durch die Teilnehmer. – Die Stimmung unter den Seminarteilnehmern war sehr wertschätzend, offen und freundlich. – Ein für mich großer Lerneffekt stellte sich durch die Offenheit aller Beteiligten, den Austausch mit den Ideen der anderen und das intensive Üben der Gesprächsführung ein. – In den Pausen war genügend Zeit, die anderen Teilnehmer und Teilnehmerinnen kennenzulernen.

Hat Idiolektik etwas mit Ideologie zu tun?

Nein. Die Silbe „idio-“ bedeutet „eigen-„. Die Silbe „ideo-“ bedeutet „Idee“. Somit beschäftigt sich Idiolektik mit dem, was eine Person oder ein Lebewesen einzigartig und unverwechselbar macht. Damit verbunden ist eine bedingungslose Würdigung und Anerkennung aller Lebewesen.
Idiolektik ist keine Weltanschauung, also keine Ideologie. Als Ideologie wird eine, von gewissen Normen geleitete, Weltanschauung bezeichnet. Gleichwohl liegt der Idiolektik natürlich eine gewisse Weltanschauung oder ein Menschenbild zugrunde. Dieses Bild vom Menschen ist dem liberalen Humanismus nahestehend.

Wie unterscheidet sich Idiolektik von anderen Methoden?

Die Idiolektik befasst sich mit dem Idiolekt, also mit der Eigensprache des Menschen in ihrer ganzen Vielschichtigkeit, und zwar sowohl unter theoretischen als auch unter praktischen Aspekten.

Idiolektik zeichnet sich durch eine bestimmte Technik einerseits und eine Haltung andererseits aus. Die Technik ist der Weg zur Haltung. Mit wenigen Strichen skizziert zeigt die Haltung in der Idiolektik Merkmale wie Achtsamkeit, Zieloffenheit, Respekt, Eingelassenheit, offene & nicht-wertende Aufmerksamkeit, Mitgefühl und Empathie.

Damit zeigt die Idiolektik viele Überschneidungen mit anderen Verfahren aus dem Bereich der humanistischen Psychologie. Besonders an der Idiolektik sind der konsequente Umgang mit der Eigensprache und das paralogische Gespräch. Im Zusammenhang mit Psychosomatik ist die Anerkennung archaischer Relikte (siehe dort) ein besonderes Merkmal der Methode.

Was bewirkt Idiolektik?

  • Idiolektik ermöglicht lebendige und authentische Kontakte mit KlientInnen.
  • Idiolektik bringt Farbe ins Gespräch.
  • Idiolektik macht das Leben für TherapeutInnen und Beratende Menschen sehr viel kreativer und leichter.
  • Die Orientierung an der Eigensprache erleichtert Perspektivwechsel und hilft Gespräche gemeinsam zu gestalten.
  • KlientInnen finden dadurch eigene Perspektiven und Lösungen.
  • Sie erweitert professionelle Handlungsspielräume.

Was ist ein Schlüsselwort?

Den sogenannten „Schlüsselwörtern“ kommt in der Idiolektik eine besondere Bedeutung zu: sie sind ein methodisches Kernelement.

Ein Schlüsselwort tritt durch klangliche und körpersprachliche Merkmale aus der Mitteilung hervor und ist ein bedeutsamer Ausdruck von Eigensprache. Schlüsselwörter haben einen hohen Mitteilungscharakter.

Schlüsselwort sind häufig wie ein Mikrokosmos, in dem sich zentrale Erfahrungen, Vorstellungen und Emotionen eines Menschen bildhaft verdichten. Durch das detaillierte Beschreiben und Explorieren eines Schlüsselbegriffs kann der/die Betreffende diesen inneren Mikrokosmos entdecken und verstehen. Dabei kann er/sie sich selbst mehr erkennen und anerkennen.

Woran kann ich ein Schlüsselwort erkennen?

Schlüsselwörter heben sich auf unterschiedliche Weise aus dem Gesagten hervor: dies kann beispielsweise geschehen durch eine auffällige Wiederholung oder eine stimmliche Betonung. Ein Schlüsselwort kann durch Gestik oder Mimik markiert werden. Ein Ausdruck kann aber auch dadurch auffallen, dass er antiquiert oder kindlich wirkt, eine eigene Wortschöpfung darstellt oder in einer Fremdsprache bzw. im Dialekt ausgesprochen wird. Schlüsselwörter haben  meist einen bildhaften Charakter.

Was ist Paralogik?

Paralogik hat nichts mit übernatürlichen Phänomenen zu tun.

Paralogik heisst „neben“ der Logik: sie folgt assoziativ der eigenen inneren Logik jenseits der lexikalischen Bedeutung.

Menschen sind vielschichtige Lebewesen. Sprache ist ein ebenso vielschichtiges und komplexes Gebilde. Begriffe haben oft mehrere Bedeutungen. In der Eigensprache können daher Bezüge zu verschiedenen Ebenen des Menschen anklingen. Das macht es möglich, dass während einer Beschreibung eines Bildes, einer Metapher oder eines Ereignisses auf einer anderen „paralogischen“ Ebene Themen mitbearbeitet, aktiviert oder nur zart berührt werden.

Wie und wo kann ich Idiolektik lernen?

Einfach einsteigen und mit frei wählbaren Seminaren bei GIG-zertifizierten Idiolektik Dozent*innen Inhalte für das Grundlagenmodul sammeln oder direkt zu einem Grundlagenmodul anmelden. In 48 Stunden (16 Weiterbildungseinheiten á 3 Std.) können Grundlegende Kompetenzen für idiolektische Gespräche bereits kennen gelernt werden.

Die Vermittlung von Technik, Methodik und Theorie ist uns wichtig und trägt zur Sicherheit bei. Im sich entfaltenden Lernen durch Ausprobieren und Erfahrung in der Gruppe öffnen sich weitere Lernräume.

Ein zentrales Anliegen von Aus- und Weiterbildung in Idiolektik ist es, eine günstige Grundhaltung mittels Erfahrungslernen zu entwickeln. Aspekte dieser Grundhaltung wie Zieloffenheit, Paralogik, heitere Gelassenheit, Achtsamkeit, Resonanz und Innere Weisheit lassen sich in der konkreten Anwendung und deren Reflexion erleben, erkennen und stärken.

Das Vertiefungsmodul, in gleichbleibender Gruppe, gibt in 138 Stunden (46 Weiterbildungseinheiten) die Möglichkeit gemeinsame Entwicklungsprozesse zu fördern und vertiefte Lernbeziehungen zu erleben, die weitere Ausbildung als ein sich selbst entfaltendes Lernen zu erfahren und ein Zertifikat „Idiolektische Gesprächsführung GIG“ zu erreichen.

In der Idiolektik Aus- und Weiterbildung zeigen erfahrene Ausbilder*innen ihre eigenen Fähigkeiten in sogenannten Demonstrationsgesprächen. Sie machen ihre Haltung und Techniken dabei transparent und reflektieren sie mit der Gruppe. Gespräche der Teilnehmenden untereinander werden unmittelbar supervidiert. 

Kooperative Lernprozesse und zugehörige Reflexion verankern die Erfahrungen im Lernprozess. Das didaktische Konzept der GIG ist konsequent kompetenzorientiert und verschränkt Praxiserfahrung mit Theorie wechselseitig, fortlaufend von Beginn an.

Das bedeutet: Anfangen zu Lernen und schrittweise anwenden und weiterlernen. Weitere 324 Stunden Lernen, Praxis und Üben können zum Zertifikat „Therapeut*in/ Berater*in/ Trainer*in Idiolektik GIG“ führen und belegen die Kompetenz erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten in die eigenen persönlichen und beruflichen Kompetenzen zu integrieren und so zur Anwendung bringen zu können.

Dieser „Abschluss“ kann wiederum der Anfang einer Entwicklung in der Gesellschaft für Idiolektik und Gesprächsführung – als Teil eines an wirksamer Sprache interessierten Netzwerks – werden.

…und vielleicht Interesse an Weiterbildungen zur Dozent*in Idiolektik wecken.

Mehr Informationen im Menüpunkt „LERNEN“

Die Ausbildungen finden in Deutschland, der Schweiz und in Österreich statt.

Gibt es Idiolektik auch in meiner Stadt?

Möglicherweise. Das lässt sich leicht herausfinden. Auf der Seite „Termine“ kann nach Ort ausgewählt werden.

Sollte Deine Stadt nicht dabei sein, lässt sich dort jedoch auch ein Idiolektikseminar organisieren. Ab einer Gruppengröße von 6 Personen kommt gern eine Dozentin oder ein Dozent der Gesellschaft für Idiolektik und Gesprächsführung in Deine Stadt.

Ich möchte Mitglied werden, wie läuft das ab?

Das ist wunderbar! Herzlich Willkommen.

Du musst unter „Kontakt“ bitte einen Mitgliedsantrag herunterladen und an die Geschäftsstelle der Gesellschaft für Idiolektik und Gesprächsführung senden.

Wir freuen uns, wenn Du Dich auf jemanden beziehen kannst oder uns mitteilst, wo und wie Du Idiolektik kennengelernt hast.